Liebe Plattform

Also am Dienstag, da war mir, zugegeben, am Abend, als meine Eltern mal weg waren, so abnormal langweilig, dass ich nach ungefähr einem Jahr mal wieder den Fernseher angemacht habe und ecce! ich mich augenblicklich vor einem Katastrophen-TV-Programm wiederfinden konnte der absoluten Extraklasse. Asozialen-Delüx-Fernsehen sozusagen, denn man muss nicht unbedingt ehemals so betiteltes Hartz-4-Geld empfangen, um als besonders asozial zu gelten oder der Sorte Mensch anzugehören, der sich an diesen Sendungen auch nur irgendwie erfreuen könnte. Also wie dem verdammt noch mal auch sei.

Es liefen: die bereits Gott verdammt achte Staffel von „Das Sommerhaus“ mit angeblichen Prominentenpärchen, „Armes Deutschland“ mit undankbaren Arbeitslosen und eine Sexualaufklärungsstunde für Kinder, für die sich bestimmt auch der ein oder andere Pädophile interessiert.

Jedenfalls: an diesem Abend ist mir besonders deutlich geworden, warum ich seit 2019 keinen eigenen Fernsehanschluss mehr benötige.

Später im Bett habe ich an das Buch Fahrenheit 451 denken müssen und daran, wie die Belanglosigkeit von Scheiße, mit der sich eine so form- und manipulierbare Menge von Menschen unaufhörlich medial zuballern lässt, zu dem allmählichen Verlust einer kritisch-analytischen Denkweise und damit letztlich zu Stumpfsinnigkeit und einem Antisozialverhalten führen könnte.

Scheiß die Wand an.

So, und weil ich es mal wieder einfach nicht lassen kann, aber das ist ja auch sowas von egal eigentlich: 2018, als sich während eines Psychiatrieaufentaltes wegen Depressionen und Suizidgefährdung eine Psychose schleichend entwickelte (später paranoide Schizophrenie, ihr wisst schon), da kam mir die Einrichtung der offenen Station und meine ganze Umwelt auch schon als genau diese Dystopie vor. Immer, wenn die orange Sirenenleuchte auf dem Flur sich gedreht hat wegen des Türenschließsystems, dachte ich, jetzt machen sich die Feuerwehrmänner auf auf wieder, um Bücher und all sowas zu zerstören wie in dem Film Equilibrium ebenfalls z.B. (den ich sogar das erste Mal an dem genau gleichen Ort 2009 gesehen habe), nehmen Rebellen fest usw.

Irgendwann spitzte sich alles so sehr zu, dass ich den Duschvorhang nachts in unserer kleinen Badkabine auf dem Zimmer angezündet habe in dem Glauben, gewisse magische Kräfte zu besitzen, die dafür sorgen würden, dass ich selbst nicht in den Flammen sterben könnte.

Als mich die Pfleger aufs Dienstzimmer mitgenommen hatten, untersuchten sie mich, ich hielt die Augen geschlossen, und fragte sie „Do you read books?“. Mehr gibt es da nicht zuzusagen.

Mind-Fuck

In den letzten Wochen ist eine komische Vorstellung in meinem Kopf gewachsen. Dass wir in einer aufgebauten, gemachten Welt leben irgendwie und uns jeden Tag in einem riesengroßen Komplex aus Wegen, Straßen, Gebäuden, Dörfern und Städten bewegen. Der andere Teil ist die Natur, die Wesen, die sich innerhalb dieses Netzwerks „entfalten“ oder darin herumschleichen, sind Pflanzen, Tiere und Menschen.

Wer sagt uns eigentlich, dass wir uns nicht schon längst in einem Überwachungssystem befinden, dass der gläserne Chinese sich in unsere Strukturen eingenistet hat und dass die Sterne am Himmel vielfach Satelliten sind, mit denen alles Treiben beobachtet wird. Helikopter, die über unsere Köpfe kreisen und mit Computertechnologie durch Wände spähen.

Woher wissen wir schon, ob nicht hinter jedem Bildschirm, der in unseren Häusern flimmert, in Wirklichkeit auch eine Spy-Cam steckt und unsere Handys mit Abhörfunktionen ausgestattet sind.

Wenn ich mit solchen Überlegungen dann den sogenannten Dr. Benzin – Realitätscheck machen möchte, denke ich auch immer wieder dazu: Woher soll ich denn überhaupt wissen, was die wirklich echte Realität eigentlich ist?

Ich glaube üblicherweise nicht an so übergroße Verschwörungen und wäre ich nie psychotisch geworden, würde ich vielleicht darüber lachen oder die Augenbrauen heben. In diesem Zustand habe ich selbst daran geglaubt, dass sich Geheimdienste über Strommasten und Funktürme in mein Gehirn einhacken und meine Gedanken lesen, steuern und kontrollieren.

Es ist übrigens immer mein größter Wunsch geblieben, so „normal“ wie möglich zu sein.

Liebe Grüße

coffeeld

Genesungsupdate

Also… vor einigen Wochen habe ich aus Eigenverantwortung meine letzten Neuroleptika schleichend und vorsichtig abgesetzt, Risperidon und Zipsilan. Die Schizophrenie-Erkrankung ist jetzt beinahe vier Jahre her, die Psychose sechs.

Die Neuroleptika, u.a. auch Olanzapin und Xeplion und viele weitere, und meine daraus resultierenden extremen Gelüste auf Essen haben mich fett gemacht, seit drei Jahren kämpfe ich angestrengt gegen mein Übergewicht an mit Sport, Spaziergängen, Yazio (Ernährungs-App), Arbeit, wenig Zucker und nur Wasser, Tee und Kaffee mit 1,5% fetthaltiger Milch. Also, wie dem auch sei…

Ich rauche zudem auch weniger seit diesem Jahr, etwa fünf am Tag, nicht mehr auf der Arbeit, nur gebe ich mir dann meistens als aller erstes zu Hause die volle Dröhnung und rauche vor dem Sport, strampel 45 Minuten am Stück auf dem Gerät herum und übergebe mich fast vor Nikotinekel.

Nun ja. Sechs Kilo habe ich bereits verloren. Fehlen nur noch.. 35.

Zurück zum Eigentlichen: Vor ein paar Wochen im Bus auf dem Nachhauseweg hat es sich angefühlt, als würden mir Aliens das Gehirn aus dem Kopf saugen. An der Haltestelle in der Stadt glaubte ich zusehends, schlimme, bösartige Dinge seien im Begriff zu geschehen, die Menschen blickten immerzu argwöhnisch und misstrauisch und so weiter.

Hinter meiner Arbeitsstelle stecke in Wirklichkeit ein riesiger Verschwörungsapparat, der Menschen mit psychischen Krankheiten zu sich locke, damit sie sich mit einem Virus infizieren und sterben.

Heute auf dem Nachhauseweg bildete ich mir unkontrolliert ein, die Anwesenheit anderer Personen, deren Auras und Nutzung von Smartphones, beeinflussten meine Denkstruktur, veränderten die Ohrwürmer in meinem Kopf und so Zeug. Natürlich könnte jetzt jeder sagen, dann nimm doch deine Tabletten wieder. Und ja, seit ein paar Tagen nehme ich zumindest Zipsilan abends wieder vor dem Essen.

Ums Verrecken möchte ich nie wieder schizophren oder in anderer Form psychotisch werden. Nur: Niemand kann mir sagen, ob das passiert. Möglicherweise werde ich mich für den Rest meines Lebens davor fürchten, mehr noch ist es die Angst vor den Nachwirkungen wie schwere Depressionen mit hoher Suizidalität, die irgendwie damit einhergehen und die von meiner ursprünglichen „Persönlichkeitsstörung“ intensiviert werden.

Lieber Gott… gib mir bitte etwas Stärke und Resilienz und ein paar schöne neue Teebeutelweisheiten.

System not working again

So. Lerneffekt lässt grüßen. Nachdem ich mein Leben in trockenen Tüchern geahnt hatte, passierte mal wieder dieses: die nächste heftige Rundumschlag-Psychose mit allem drum und dran, bis ich meine Eltern mit einem Messer bedrohte und zwangseingewiesen wurde. Jetzt sitze ich seit fast 3 Monaten in Psychiatrien rum und lasse mich behandeln. Von Koma bis Selbstmordanschlag und Nahtoderfahrung und himmelhochjauchzend habe ich alles mitgenommen.

Dem Bipolar Writer muss ich an dieser Stelle doch zustimmen: Ein Leben ohne Medikamente ist nicht mehr möglich für mich. An dieser Stelle hab ich Pipi in den Augen. Selbst schuld.

Ich kann mit Depot-Spritzen einmal im Monat behandelt werden. Hoffentlich gut. Krankenhaus dauert noch. Bestimmt anderthalb Monate noch.

Liebe Grüße an alle, die das lesen. Hab euch nicht vergessen und WordPress mich Gott sei Dank auch nicht. Bis bald.

The Alco Hole

I really love word games, you know.

TAGEBUCH


alco hole


Die meisten Menschen haben überhaupt gar kein soziales oder politisches Interesse ernsthaft und die wenigen, die ich kenne, versuchen es dann im Rausch zu ertränken, andauernd machen sie das, so wie ich selbst.

Ich saufe mich andauernd ins Abseits jedweder Kontrolle und Selbstbeherrschung und meine Eskapaden werden mit zunehmenden Abständen von Rausch zu Rausch beeindruckender.

Beeindruckend, dass ich sie irgendwie überlebe.

Kotze auf dem Boden, Kotze im Klo, im Waschbecken, Kotze im eigenen Bett: eine kurze Veranschaulichung des vergangenen Monats (Dez. 2017). Die schönste Zeit des Jahres, yeah. Wie mega fett Recht ihr alle habt. Ich sowieso.

Im Mai 2017 überkam mich zum dritten Mal seit Dezember 2016 eine so heftige Welle der Todessehnsucht nach einem dieser legendären Zechen, dass ich mir einen ganz persönlichen Cocktail zubereitete aus Wasser und einem in Wasser gelösten Gemisch aus 1000 mg Zyprexa, wovon 400 ungefähr bereits tödlich wirken können.

Ich habe diesen kleinen toxischen Mixie nicht als Hilferuf getrunken, sondern um wirklich aus dem Leben zu scheiden. Manchen ist das nicht bewusst.

Wochenlang habe ich meinen Eltern im Stillen einen Vorwurf gemacht, weshalb sie mich am nächsten Tag gerettet haben. Also sollte ich jetzt für sie bloß weiterleben oder wie oder was oder warum jetzt?

An die ganze Riesenrettungsaktion kann ich mich übrigens nicht erinnern. Ich bin erst nach zwei Tagen auf der Intensiv wieder wach geworden, mit Schnallen ans Bett fixiert, wieder mal, yeah. Katheter – Krankenhausgewand mit Pünktchen. Aber ob das Gewand Punkte hatte oder nicht, das weiß ich auch ehrlich gesagt nicht mehr so genau. Meine Gegenwehr war wohl etwas groß.

Dank einer persönlichen Patientenverfügung, die ich vorsorglich wegen meiner vorübergehenden Unzurechnungsfähigkeit aufgrund der Psychose 2016 unterschrieben hatte, konnten meine Eltern über meine anschließende Unterbringung auf einer offenen Station entscheiden. Das war gut. Geschlossene Psychiatriestationsaufenthale finde ich persönlich nämlich ziemlich schlimm, auch wenn es manche Ärzte gibt, die schnell etwas anderes dazu behaupten, aber darüber schreibe ich vielleicht mal ein verficktes Buch, obwohl es zu Psychiatriescheiße schon genug Bücher gibt.

In den nächsten drei Wochen nahm ich an ca. 30 Stunden Suchtgruppe teil und da lernte ich, dass es ein kontrolliertes Trinken unter Suchtkranken nicht geben könne und dass die einzige Option der totale Verzicht mit Blick auf eine gezielte Suchtverlagerung auf etwas Körper-Unschädigendes (z.B. Sport) sei. Freunde und Familie sagen, Alkohol gehöre halt dazu irgendwie zum Leben, und der Zwang, nicht zu trinken, könnte alles bloß schlimmer machen. Ich glaube, sie haben Recht.

Vier Wochen besuchte ich eine Fachklinik, vertraglich festhaltend, keinen single drop zu konsumieren. Dann eine ambulante Therapie, das gleiche Prozedere.

Die Therapie habe ich schnell wieder gecancelt und die komatösen Besäufnisse gehen weiter.

Haha.

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Liebste Welt.

Gib mir einmal einen Rat.

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Und schweig.

Aber nicht für immer.