Questions of Priority

Mir erschließt sich der Sinn des morgendlichen Duschens einfach nicht. Da denke ich schon mein halbes Leben drüber nach. Wenn ich morgens aufstehe, dann liegt ja noch der ganze Tag vor mir: fahre mit dem Rad zur Arbeit, arbeite, bewege mich, rauche und stinke mich selber voll, gehe einkaufen, fasse Dinge an, fahre wieder zurück. Mache meinen richtigen Sport, schwitze wie eine Wildsau, geh mit dem Hund, Haushalt, Garten oder was auch immer. Dann bin ich doch abends mega dreckig und will den ganzen Schmutz vorm ins Bettchen Gehen abduschen.

Und am nächsten Morgen besteht doch dann auch immer noch eine gewisse Restfrische vom Vorabend. Wie machen das denn andere überhaupt so? Duschen die morgens, um erstmal wach zu werden oder um auf der Arbeit besonders frisch und gut auszusehen oder bewegen die sich dann einfach gar nicht bzw. beschmutzen sich nicht oder duschen die abends etwa nochmal?

Das wäre ja unvorstellbar verschwenderisch. Muhaha : D

Liebe Gemeinde

Vom Wesen der Alltagsvegetation, die mich total fertig macht und meine schwindende Gehirnsubstanz dazu bewegt, Gedanken an die Eintönigkeit des Lebens zu entwerfen.

Die „Struktur“ meiner gesamten Tagesabläufe ist so dermaßen festgefahren, das fühlt sich schon peinlich an. Ordnung und so was alles, Dinge, die ein System haben, Pläne etc. haben mir immer ein Gefühl von Sicherheit gegeben. Immer genau zu wissen, was als nächstes passiert. Obwohl ich natürlich keine Hellseherin bin.

Aber wenn ich wirklich darüber nachdenke, befinde ich mich eigentlich in einem großen Hamsterrad. Jeden Tag früh raus, Kaffee, anziehen, Rucksack packen, rauchen, kotzen von der Übelkeit der Zigarette, scheißen, Zähne putzen, Bushaltestelle und dann ab. An der riesigen Sparkassenzentrale aussteigen, zehn Minuten Fußweg durch die gleiche Zone der Stadt, Menschen doof finden, die mir begegnen, Blicke hier und da.

Wenn ich dann ankomme, arbeite ich meine Zeit ab, 1 x stündlich rauchen. Wenigstens.

Ja, und dann gehe und fahre ich irgendwann wieder nach Hause, nachdem ich mich bestimmt schon zwanzig Mal über irgendetwas geärgert habe (blöde Kassiererin, miese Radiosongs, Produktionspfusch auf der Arbeit, schlendernde Schnarchnasen, ordinäre Ausdrucksweisen, Kicker-Niederlagen usw.) und bin auch nicht gut drauf zu Hause.

Kaffee, rauchen, schwimmen im Pool, Crosstraining, duschen.

Das ist Leiden auf hohem Niveau, würden manche jetzt sagen. Freu dich doch, dass es dir so gut geht.

But my soul, for real, is crying about this, weil ich meine wirklichen Herzenswünsche und meine geistigen Fähigkeiten, die ich mal hatte, total verkümmern lasse irgendwie, wie ich einfach versuche, mich der Gesellschaft anzupassen, zu funktionieren, Leistung zu erbringen und nebenbei meinen Körper zu trainieren.

Das fühlt sich distopisch an für mich. Mein Künstlerherz verwelkt auf eine brutale Art und Weise. Ich fühle mich wie ein Schwachkopf, den Anweisungen einer Industrie folgend, die den Menschen miese, vornehmlich materialistische Werte vermittelt. Oberflächlichkeiten, Leistungsdruck, Konsum, Streben nach Erfolg. Ich glaube auch nicht an die Gleichberechtigung.

So. Dies ist mein miesepetriges Wort zum Freitag. Wochenende ist scheiße und ich hasse die Welt.

Geschwafel

Zurzeit besteht mein kümmerliches Dasein fast nur noch daraus, aus Fenstern zu schauen oder aus sicherer Distanz in die Ferne zu blicken und andere Menschen zu beobachten.

Meine Arbeitskollegen stressen mich manchmal.

Dieses Verhalten mit dem Beobachten ist zu einer richtigen Sucht beziehungsweise einer regelrechten Obsession geworden.

Was ich erwarte? Irgendetwas Aufregendes, Spannendes.

Mir wird vorgeworfen, phlegmatisch zu sein oder dumm, weil ich beim Tischfußball dermaßen hartnäckig das Tor verteidige und blockiere, dass sich die anderen aufregen.

Na ja. Als besonders dumm hab ich mich selbst ehrlich gesagt gar nicht oft empfunden in meinem Leben.

Ich arbeite viel an meiner geistigen und psychischen Ausgeglichenheit, was ich auch sollte, um bei meinem derzeitigen Absetzversuch und Medikamentenwechsel eines Neuroleptikums keine Gefahr eines Rückfalls zuzulassen. Mein Wirklichkeitsempfinden ist mir heilig und wichtig, ein Alltag ohne Einschränkungen durch die Krankheiten auch.

Dann noch ein weiterer Punkt: Aus medizinischer Sicht gelte ich übrigens als (seelisch) behindert. Diese Einstufung wirkt ziemlich degradierend, finde ich. Auch die Betreuungshilfen, die mir zuteil werden, sprechen ausdrücklich von Teilhabe an der Gesellschaft für Menschen mit Behinderung.

Das gefällt mir irgendwie nicht. Ich habe mir das alles nicht ausgesucht und in Wirklichkeit weiß ich, was gut und was schlecht ist, tue mir selbst nichts mehr und anderen und fühle mich zurechnungs- und verantwortungsfähig.

Wie dem auch sei.

Über die Sache mit den Fenstern schreibe ich mal ein Gedicht irgendwann. Ich nenne es dann so:

The Window Woman

Aufgeben

Vor Kurzem wurde ich auf meiner Arbeit von einer Kollegin (26) gefragt, ob ich mir denn in naher Zukunft vorstellen könnte, auf dem ersten Arbeitsmarkt zu arbeiten. Sie sagte, wir beide seien ja prinzipiell noch zu jung, um quasi „aufzugeben“. Da ging mir der Gedanke durch den Kopf, dass ich durch meine aktuelle Arbeit ja eigentlich keineswegs am „Aufgeben“ bin. Ich sehe diesen Job vielmehr als Chance, noch etwas aus meinem Leben zu machen. Die Stelle bietet mir auf jeden Fall eine Tagesstruktur, von Montag bis Freitag, ein kleines Gehalt, Freizeitangebote obendrein (Kickern, Billard, Dart und Skip-Bo) und tolle Kollegen sowie super Vorgesetzte. Sie ist eine Werkstatt für Menschen mit psychisch belasteter Vergangenheit oder Gegenwart (Depressionen, Psychosen, Manie, Schizophrenie, Alkoholismus), die es unter normalen Arbeitsbedingungen auf dem ersten Arbeitsmarkt sehr viel schwerer hätten.

Ich glaube, ich bin dort gut aufgehoben. Außerdem machen mir die Tätigkeiten noch dazu Spaß.

Und ja, ich zweifel an meinen Fähigkeiten und fühle mich noch nicht dazu bereit, einen Schritt weiterzugehen.

Liebe treue Leser

Ich weiß ja gar nicht, wie lange ich mich nicht hab blicken lassen hier auf dieser Seite. Was daran liegt, dass in meinem Leben keine großartigen Dinge passieren mehr. Ich habe jetzt seit gut eineinhalb Jahren einen Job in der nächstgelegenen Stadt, wo ich jeden Tag mit Bus hinfahre. Immer wenn ich dann im Bus sitze, geht mir der Satz durch den Kopf: Holden Coffeeld on tour. Dann beobachte ich durch die Fenster die Geschehnisse um mich herum. Die vielen Menschen mit ihren Handys, Hunden oder Kindern.

So sieht’s aus. Ich bilde mir ja kaum ein Urteil darüber. Aber ich nehme meine Umwelt als seltsam wahr, nachwievor. Ich habe übrigens keine Bullimie mehr, wiege aber noch mehr als je zuvor. Das Gewicht verrate ich nicht. Seit dem neuen Jahr probiere ich Intervallfasten aus. Mein Haupternährungsmittel ist Kaffee und Nikotinglimmstengel versetzt mit Teer und Blausäure. Davon sterbe ich zwar nicht, aber es ist auch schon so eine Art „Selbstmord auf Raten“ wie mal jemand zu mir zu sagen pflegte.

Jeden Abend im Bett denke ich dann aber darüber nach, dass ich ja eigentlich gar nicht mehr sterben möchte und so. Ich will noch so viel erleben und Dinge machen, Spaß haben und mich weiterentwickeln, meine Vergangenheit bewältigen und wieder Freunde finden, die mich jenseits vom Alkohol auch so bezaubern können. Seit zwei Jahren trinke ich keinen Alkohol mehr, was für mich wohl das beste ist, um keine Psychosen herauszufordern oder Katerdepressionen, die ich immer hatte.

Neben einer Therapie besuche ich seit gestern auch eine Selbsthilfegruppe für Depressionserfahrene. Mal sehen. Vielleicht bringt’s ja was. Und ihr so? Habt ihr mich schon vergessen oder wartet ihr schon so lange auf ein Lebenszeichen von mir? Kann ich natürlich verstehen. Die Liebe spielt keine Rolle zurzeit. Die Kunst auch nicht mehr so. Außer bunte Kratzbilder und hin und wieder ein Wasserfarbenbild produziere ich nichts. Meine Fantasie lebt sich in meinen Träumen aus in der Nacht, wenn ich schlafe.

So, das war’s auch schon wieder fürs erste. Mir gehen zwar noch mehr Dinge durch den Schädel, die ich euch mal von Zeit zu Zeit berichten könnte. Aber mehr dazu später. Hab euch lieb und gute Nacht.

Die Lisa (alias coffeeld)